PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Hanse-Klinikum Stralsund (7/2019 bis 9/2019)

Station(en)
Gefäßchirurgie
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
ACHTUNG! Studientage gibt es seit 2010 nicht mehr.

Summary: Man wird als billige Arbeitskraft benutzt, keine Wertschätzung, keine Lehre, miese Stimmung, wenig Gehalt, Überstunden, Mobbing und Lästereien.

Lehre: Es gibt keine Lehre. Es heißt unter den PJlern der PJ-Beauftragte der Chirurgie sage, in der Klinik werde so vieles operiert, dass keine weitere Lehre nötig sei. Fraglich. Auch bei Visiten fand keine Lehre statt.
Einmal monatlich gibt es eine M&M-Konferenz in der schwierige Fälle mit eventuell "unglücklichem Verlauf" besprochen werden.
Unschön bzgl. der Lehre ist auch, dass es kein Logbuch gibt. Uns wurde gesagt, wir sollen das Logbuch unserer Heimatuni benutzen... Sie haben das System mit den Logbüchern wohl noch nicht ganz verstanden. Man hat keinen Mentor/ Tutor, keine Gespräche, fast keine Fortbildungen, keine eigenen Patienten.
Auch das Rotieren in andere chirurgische Fachbereiche (zB. Unfallchirurgie) wurde, wie wir im Nachhinein erfahren haben, wohl vom "Lehrbeauftragten" der Allgemeinchirurgie verhindert. Nur eine von uns durfte am Ende mal zu den Unfallchirurgen.
In den letzten 2 Wochen des Tertials wurde mit einer wöchentlichen Fortbildung für PJler begonnen. Ob diese allerdings erfolgreich weitergeführt wird, ist fraglich (Termine bleiben frei, Inhalt der Seminare sind eigene Forschungsthemen oder Patientenvorträge gewesen, die man wohl halt noch so auf dem Laptop hatte...).

Stimmung: Das Personal der Chirurgie wirkt gefrustet. Bei den Assis muss man Glück haben, wen man erwischt. Wenn man Glück hat, dann ist es dem Assistenzarzt einfach egal was man macht. Wenn man Pecht hat, bekommt man ordentlich was ab... Mobbing vom feinsten.
Man ist v.a. Hakenhalter oder Helfer der Pflege auf Station. Das Ansehen der "normalen" PJler ist super schlecht (...zwischenzeitlich waren Studenten mit wohl persönlicher Beziehung vom Chefarzt da, die wir dann regelmäßig im OP ablösen durften, damit sie sich was interessantes angucken können oder damit sie mit dem Chef zu Patienten mit besonderem Krankheitsverlauf mitkommen können. Wir haben das dann natürlich nicht gesehen.)
Ich habe noch nie eine Abteilung kennengelernt in der so viel gelästert wurde. Sehr unangenehm.

Station: An sich ist der Stationsalltag entspannt; die Stimmung zu ertragen macht ihn aber echt anstrengend. Frühbesprechung, Blutabnahmen, dann Visite (2-3h) bei der man hauptsächlich Patientenbeine hält damit die Wundverbände gewechselt werden können. Danach werden Briefe geschrieben. Selbstständiges Arbeiten, wie in allen bisherigen PJ-Tertialen, schien mir als nicht erwünscht. Zu Ende des Tertials waren wir sehr viele Studenten und hatten deshalb oft nichts mehr zu tun; mussten aber trotzdem unsere 8h absitzen.

OP: Meine bisherigen OP-Erfahrung im Studium waren immer positiv; die OP-Zeit in Stralsund war da ganz anders.
Die Ärzte der Viszeralchirurgie sind ruppig und prüfen gerne Anatomie ab; erklären dann aber nichts. Unangenehm ist, dass man leider oft völlig unvorhersehbar angeschnauzt wird. Wenn man unerfahren an z.B. endoskopische OPs rangeht, wirken die Chirurgen sauer und genervt. Leider muss man sehr oft in den OP, da die Abteilung ihr Pensum ohne Studenten nicht bewältigen könnte.
Anders sieht das bei den Gefäßchirurgen aus; die Oberärzte sind beide nett und lassen einen in Ruhe Haken halten.
Absoluter Geheimtipp: Hängt euch an den OA der plastischen Chirurgie, wenn ihr etwas lernen wollt! Er lässt PJler selbstständig operieren und ist wahnsinnig geduldig, wenn man zwei linke Hände hat. Leider braucht er nur selten studentische Hilfe. Ich durfte im gesamten Tertial einmal mitoperieren und einmal mit zur Visite kommen.

Essen: Man bekommt kostenloses Mittagessen. Schlechter als Mensa, aber immerhin kostenlos... Wenn man im OP ist, schafft man das Mittagessen oft nicht.

Unterkunft: Die Unterkunft ist gut, aber leider ohne Waschmaschine oder Waschsalon in der Nähe. Die Wohnung ist 20min Fahrradweg von der Klinik entfernt und befindet sich auf dem Gelände der Psychiatrie. Die 13km hin und zurück bekommt man bezahlt (30cent/km). Im Monat sind das 85€ on top auf die 200€ "Entschädigung".

Freizeit: Die Freizeit in Stralsund war schön. Wenn man nicht aus der Gegend kommt, ist die direkte Strandlage des Klinikums ein Pluspunkt.

Fazit: Ich kann das Chirurgie-PJ in Stralsund absolut nicht empfehlen und rate endschieden davon ab.
Ich habe, einschließlich mir selbst, noch nie so oft weinende PJler gesehen. Man wird als billige Arbeitskraft benutzt, keine Wertschätzung, keine Lehre, miese Stimmung, wenig Gehalt, Überstunden, Mobbing und Lästereien.
Ich bin froh, dass es vorbei ist.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Mitoperieren
Röntgenbesprechung
Notaufnahme
Blut abnehmen
Braunülen legen
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Gehalt in EUR
200

Noten

Team/Station
6
Kontakt zur Pflege
5
Ansehen des PJlers
6
Klinik insgesamt
5
Unterricht
6
Betreuung
6
Freizeit
1
Station / Einrichtung
6
Gesamtnote
6

Durchschnitt 5.4