PJ-Tertial Herz-/Gefäßchirurgie in Cleveland Clinic (4/2019 bis 6/2019)

Station(en)
Vascular Surgery Acting Internship, Hepatobiliary Acting Internship
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Nachdem ich eigentlich zunächst einen sehr negativen Eindruck von der Abteilung hatte, musste ich allerdings im Nachhinein meine Ansichten etwas revidieren und habe die Bewertung nochmal umgeschrieben, sodass ich letztlich mit einem ganz guten Gefühl nach Hause gefahren bin.
Nach ausgezeichneten Erfahrungen in der Inneren an der UNC und den sehr positiven Berichten von Freunden die bereits Chirurgie an anderen Haeusern in den USA gemacht haben, bin ich mit sehr grossen Erwartungen an die Cleveland Clinic gegangen, die in vielen Bereichen fuehrend in den USA ist, nicht zuletzt im Bereich Herzkreislauferkrankungen. Allerdings waren meine Erfahrungen hier zumindest etwas "gemischt".
Leider kann von respektvollem Umgang der Attendings mit den Fellows und Residents mit wenigen Ausnahmen keine Rede sein. Es wird viel rumgeschrien, v.a. wegen Banalitaeten und meinem Eindruck auch um die Leute systematisch einzuschuechtern. Gerne werden die Mitarbeiter auch bei den Besprechungen blossgestellt oder aufs uebelste beschimpft. Der Chef hat z.B. auch schon mal zwei Assistenten den Arm rasiert, nachdem diese im OP das "nicht richtig" gemacht haben, wirkliche Konsequenzen hatte es keine trotz Meldung. Insgesamt ist die Stimmung etwas gedrückt aufgrund der teils sehr angespannten Situation, aber es gibt auch ganz nette Attendings zum Teil. Mich als Student hat das eher weniger betroffen, ich bin den Schlimmsten auch systematisch aus dem Weg gegangen. Was die Patientenbetreuung angeht, so ist diese Rotation eher passiv, prinzipiell hat man schon die Möglichkeit notes zu schreiben, muss sich aber explizit selbst drum kümmern. Prerounding kann man machen, aber wirklich Gelegenheit zur Patientenvorstellung hatte ich auch nicht. Wirkliche Aufgaben hat man nicht obwohl die Rotation als Acting Internship klassifiziert ist, man wird einem team bestehend aus Attending, fellow und variabler Anzahl residents zugeteilt und ist dann bei den jeweiligen OPs dabei, man kann allerdings die OPs auch frei wählen wenn man will, ggf. muss man sich mit anderen medical students absprechen, damit dann ggf auch was im OP machen kann. Hier kann man entsprechend bei den offenen OPs und endovaskulaeren Eingriffen assistieren, Haken halten, Faeden abschneiden, Saugen, entsprechend je nach Engagement auch Harnkatheter legen und ggf Haut naehen, idR intrakutan fortlaufend, also durchaus eine gute Übungsgelegenheit. Die residents und fellows bringen einem auch gerne was bei, mein fellow z.B. hat mir viele chirurgische Handgriffe und Tipps beim Nähen beigebracht. Ich selbst durfte sogar ein paar mal Stents platzieren und ein Aortenaneurysma rausschneiden. Man muss entsprechend die Leute suchen, zu denen man einen guten Draht hat und am besten einen Saal ohne Intern/Acting Intern wählen. Leider war die Lehre kaum ausgepraegt. Die Attendings haben fast nur auf Nachfrage erklaert und auch die residents und fellows meinten, sie wuerden das meiste nur durch Beobachten/auf eigene Faust lernen. Die Fortbildungen in der Abteilung waren relativ rar und dann meist eher unangenehm (siehe oben).
Insgesamt hatte ich zwar mehr erwartet und war vom Umgangston doch etwas überrascht, am Ende hat es mir aber doch ganz gut gefallen, da ich durchaus fit im Legen von Foleys und Hautnaht wurde. Das Operationsspektrum hier ist schon sehr außergewöhnlich aufgrund des Renomees der Klinik, teilweise gibt es dann echt spannende kombinierte Eingriffe mit den Herzchirurgen (die im übrigen das Aushängeschild der Clinic sind und idR 13 (!!!) Säle den ganzen Tag über laufen haben) und man kann echt viel mitnehmen wenn man sich aktiv einbringt. Die Anwesenheitszeiten dürfen einen in der Chirurgie in den USA allerdings nicht abschrecken. Dienstbeginn grundsätzlich gegen 5 Uhr morgens, persönlicher Rekord waren dann mal von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr morgens, davon zwei OPs mit insgesamt 16 h (aber dafür durfte ich stenten und nähen, nach Rücksprache mit dem Team durfte ich auch später kommen am nächsten Tag ).
Ganz nett ist, dass man ausser den Bewerbungsgebuehren keine Studiengebuehren zahlen muss. Man kann auch einen Platz im eigenen Wohnheim der Klinik bekommen (2 Personen pro Zimmer, ggf. Einzelbelegung wenn genug Platz). Netterweise kann man auch Zugang zum oertlichen Skillslab beantragen und dann Laparoskopie, Endoskopie und Angiografie an tollen Simulatoren ueben. Ansonsten ist Cleveland ziemlich droege, die Klinik liegt sehr nahe an einem sozialen Brennpunkt und der oeffentliche Nahverkehr ist eher maessig ausgebaut.

Ich hatte auch noch die Rotation Hepatobiliary Acting Internship, die ich allerdings in Rücksprache mit dem Dekanat der örtlichen Fakultät abgebrochen habe. Der Chef der Allgemeinchirurgie Dr Walsh (rotiert in HPB und ACS) hat leider jeglichen Bezug zur Realität verloren und schreit einen am zweiten Tag schon mal an wenn man in der clinic (=Sprechstunde) seinen Kragenknopf offen trägt weil dieser zu eng ist, selbstverständlich mit Krawatte drüber: Remember to button your collar, so that you look like a doctor! Generell wird student mistreatment nicht gern von den US-Fakultäten gesehen, entsprechend habe ich dies dann reported und konnte wieder zurück in die Gefäßchirurgie wechseln.

Letztliches Fazit: ein raues Klima wobei man als Student idR geschont wird. Ein sehr großes Operationsspektrum der modernen Gefäßchirurgie (d.h. inklusive der gesamten Endovaskulären Chirurgie). EIne sehr renommierte Klinik in einer eher heruntergekommenen Nachbarschaft. Gelernt habe ich einiges, v.a. praktisch chirurgisches. Die OP nurses sind extrem nett!!!
Bewerbung
Bewerbung nur mit bestandenem USMLE Step 1 moeglich, Score von mindestens 220, fuer alle chirurgischen Faecher 240. Es empfiehlt sich daher bei entsprechender Ambition Step 1 schon rechtzeitig vor dem PJ zu absolvieren um von dieser Moeglichkeit gebrauch machen zu koennen. Bewerbung ueber Onlineportal des Cleveland Clinic Lerner College of Medicine. Lange Vorlaufzeit beachten. Es wird ein 5 Panel Drogenscreening (opiates, THC, benzodiazepines, PCP, amphetamines) am Besten in den USA vornehmen, ist hier quasi Standard bei Einstellung (in Deutschland ist der Nachweis von Phencyclidin nur schwer organisierbar). Die Äquivalenzbescheinigung wird problemlos mit dem Siegel des Cleveland Clinic Lerner College of Medicine ausgestellt!
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Eigene Patienten betreuen
Patienten untersuchen
Chirurgische Wundversorgung
Mitoperieren
Poliklinik
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Gebühren in EUR
$400 Bewerbungsgebühr pro Monat (max. 2 Monate)

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
2
Unterricht
2
Betreuung
2
Freizeit
1
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
2

Durchschnitt 1.93