PJ-Tertial Psychiatrie in Oekumenisches Hainich Klinikum (11/2016 bis 3/2017)

Station(en)
Intensiv/Aufnahmestation A2, Psychotherapie/-somatik Haus 16, Forensik, Haus 23
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station
Heimatuni
Wuerzburg
Kommentar
Ich kann grundsätzlich nur jedem psychiatrieinteressierten empfehlen sein PJ-Tertial im ÖHK zu machen! Auch wenn es auf den ersten Blick abschrecken mag 4 Monate in einem Fachkrankenhaus in der thüringischen Provinz zu verbringen, sind die Konditionen für PJ'ler unschlagbar: Man wohnt umsonst auf dem Gelände in einer wirklich geräumigen und schönen WG mit anderen PJ'lern, Famulanten oder Hopitanten (es gibt sogar eine Reinigungkraft!), das Essen ist dreimal am Tag frei in der Mensa des Klinkums , es gibt einen Studientag pro Woche, der in der Regel nach Rücksprache mit den Stationärzten frei wählbar ist und man bekommt obendrein 400 Euro pro Monat, sowie eine einmalige Fahrtpauschale für Hin- und Rückfahrt. Aber nicht nur die äußeren Bedingungen haben gestimmt; obwohl Großstadtkind, habe ich mich schnell in Mühlhausen und Pfafferode (das Fachkrankenhaus liegt etwas außerhalb der Metropole des Unstrut-Hainich-Kreises) eingelebt und wohl gefühlt. Das Ärzteteam, Psychologen, Pflege und Sozialarbeiter sind wirklich sehr nett und bemüht einem etwas beizubringen und scheinen sich ehrlich über jeden interessierten Famulanten und PJ'ler zu freuen! Besonders gut gefallen hat mir (vor allem im Verlgeich zu späteren Tertialen in der Chirurgie und Innere) die flache Hierarchie zwischen medizinisch-therapeuthischem Personal und der Pflege. Ich hatte den Eindruck, dass hier wirklich ein kollegiales und freundschaftlich-wohlwollendes Verhältnis vorherrscht. Doch etwas strukturierter:
Zum eigentlichen PJ:
Erste Station A2: Das ist die Akutaufnahme bzw. Intensivstation. Hier war ich zum Einstieg die ersten Wochen. Obwohl offiziell zur affektiven Abteilung gehörend, kann hier wirklich jedes akut-psychiatrische bzw. exazerbierte Krankheitsbild aufschlagen. Was Abwechslungsreichtum angeht und für den Einstieg meiner Ansicht nach perfekt. Nicht nur Patienten von Außerhalb, sondern auch Interne, die zeitweilig etwas schwieriger zu führen sind, begegnen einem hier. Ein Tag gleicht ein wenig einem "Glücksspiel", da man morgens nie weiß, was einen erwartet. Es gibt ruhige und stressige Tage. Vereinzelt gab es für PJ'ler wenig zu tun, dann aber jederzeit problemlos die Möglichkeit auf einer anderen Station reinzuschaun, was ich auch wahrgenommen habe: Eine Etage tiefer A1 für affektive Störungen und Haus 4 der Abteilung für Psychosekranke sind ebenfalls sehr zu empfehlen.
Zweiten Station Haus 16: Quasi das komplette Gegenteil zur A2, eher weniger klassisch "psychiatrische" sondern primär psychotherapeutische Fälle. Man hat hier die Möglichkeit Einblick in (tiefen)psychotherapeutische Therapieverfahren zu bekommen, was im Medizinstudium eher flachfiel. Auf jeden Fall eine sehr gute Ergänzung zum medizinisch/psychiatrischen Part zumal es theoretisch ja die andere Hälfte des Facharztes ausmacht!
Dritte Station Forensik: An das ÖHK angeschlossen ist ebenfalls eine forensische Klinik in einem eigens dafür errichteten (Hoch)Sicherheitstrakt. Ich persönlich war sehr neugierig auf die Forensik, zumal es nicht viele Kliniken in ganz Deutschland gibt und noch weniger, die PJ'ler nehmen. Die Zeit dort war eine sehr interessante und spannende Erfahrung und ich kann jedem Forensik-interessierten empfehlen dort reinzuschauen, sofern möglich. Andererseits ist es vielleicht weniger "spektakulär" als man klischeeartig erwartet. Wer Hannibal Lecter, den Joker oder Shutter Island erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht (abgesehen von der location). Dennoch ist es spannend sich mal mit dem Alltag in einer Einrichtung des Maßregelvollzuges und den Patienten dort auseinander zu setzen.
Vierte Station Haus 23: Abteilung für Suchtkranke mit Schwerpunkt illegale Drogen. Auch hier kann man als PJ'ler sehr interessante Einblicke in den qualifizierten Entzug aller möglichen Drogen von Alkohol, THC, GHB/GBL, Heroin, Opiaten uvm bekommen.
Neben dem Klinikalltag hat man regelmäßig die Möglichkeit an Fortbildungen der Psychiatrie und Neurologie teilzunehmen. Ich fand besonders das psychopathologische Seminar lehrreich und hätte mir gewünscht, dass es häufiger als 1x im Monat stattfindet, daher auch die "2", wobei es genau genommmen daran überhaupt nichts auszusetzen gab. Teilweise gab es auch abendliche Fortbildungen mit anschließendem Umtrunk in zwangloser Atmosphäre. Wirklich luxeriös fand ich, dass man als PJ'ler bzw. Famulant zu einem Kennenlernabendessen von Seiten der Klinik mit Ärzten und Lehrbauftragten eingeladen wurde!
Alles in allem kann man an der Lehre für PJ'ler nichts aussetzen, man hätte sich theoretisch abducken und ne ruhige Kugel schieben können, aber auf ein wenig Eigeninitative wurde einem bereitwillig viel erläutert und Zeit genommen und das trotz der teilweisen Widrigkeiten auf Grund von gegenwärtigen internen Umbau- und Modernisierungsprozessen.
Sonstiges: Das ÖHK liegt in Pfafferode etwas außerhalb von Mühlhausen und ist eine schöne Anlage im Bungalowstil aus der vorletzten Jahrhundertwerde. Im Nebel ist diese Mischung aus Overlook-hotel und Zauberberg durchaus atmosphärisch, vor allem, wenn man im Nachtdienst (durchaus zu empfehlen mal mitzumachen!) durch die Gänge und Parkanlage streift. Nervig ist allerdings, dass ab 19h kein Bus mehr in die "city" fährt und man auf ein Auto angewiesen ist, es sei denn man latscht die 6km. Mühlhausen selbst ist ne Kleinstadt. Immerhin gibts ein Kino und diverse Bars und Kneipen. Das soziale Leben steht und fällt allerdings mit den anderen PJ'lern, Famulanten und Ärzten. Hab da Glück gehabt :) Wie oben bereits erwähnt war die Organisation von Fehl- und Urlaubstagen völlig problemlos. Rechtzeitig bescheidgesagt konnte man sich seine Studien- und Fehltage einteilen, wie man wollte, daher kann man verlängerte Wochenendtrips machen; ziemlich zentral gelegen, ist man von Mhl schnell in Göttingen, Erfurt, Weimar und auch Leipzig und Halle sind nicht allzu weit. Abgesehen davon ist Obermehler sehr nah. Wer sich auf den Medimeisterschaften um den Verstand saufen oder sonstwas will, hat also ne Unterkunft und eine Entzugsklinik direkt um die Ecke.
So, genug der vielen Worte. Hoffe konnte eventuellen Zweiflern weiterhelfen. Viel Spaß im PJ!
Bewerbung
3 Monate vorher, nach der Frist des Uniklinikums Jena.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Patientenvorstellung
Repetitorien
EKG
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Notaufnahme
Blut abnehmen
Eigene Patienten betreuen
Untersuchungen anmelden
Briefe schreiben
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Essen frei / billiger
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.07