PJ-Tertial Herz-/Gefäßchirurgie in Inselspital Bern (8/2011 bis 12/2011)
Station(en)
verschiedene
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Giessen
Kommentar
Klinik: In der Herz-/Gefäßchirurgie des Inselspitals sind die PJler einerseits für OP-Assistenz, andererseits für die "Eintritte" (Aufnahmen der Patienten) zuständig. Man ist fest eingeplant und integriert und wird wie ein ganz normales Teammitglied behandelt. Der Umgang ist sehr respektvoll, anders als ich es in Deutschland erlebt habe. Auch wenn man seine festen Aufgaben hat, bekommt man dafür immer ein Dankeschön. Aufgaben wie Blutabnehmen und Verbandwechsel erledigt die Pflege, so dass man als PJler sehr viel lernen und mitnehmen kann.
Im OP ist man in der Regel 2. Assistenz, wobei man seine festen Aufgaben hat. Ich hatte vorher fast gar keine OP-Erfahrung und hatte ein bisschen Angst davor. Am Anfang braucht man natürlich ein bisschen, bis man Routine bekommt und es gibt auch ein paar unschöne Erlebnisse. Mit der Zeit bekommt man aber auch raus, mit welchen Operateuren man am besten zurechtkommt und kann dann auch häufig mit diesen operieren (die PJler machen morgens untereinander aus, wer in welchen Saal geht). Irgendwann hat es mir dann super viel Spaß gemacht und ich wollte gar nicht wieder weg. Man wird durchaus gefordert, aber das ist gerade gut, weil man so auch Erfolgserlebnisse hat. Man bekommt auch häufig Lob und das Team ist sehr motiviert und hat richtig Spaß an der Arbeit, was auch ansteckend ist.
Auf Station nimmt man Patienten auf und bespricht diese dann mit dem Oberarzt, bevor man sie nachmittags beim Röntgenrapport vorstellt. Die Oberärzte auf Station sind Internisten, was von Vorteil ist, da sie nicht im OP stehen und man auch kardiologisch richtig viel lernen kann.
Ein PJler hat immer Bereitschaftsdienst (Pikett), was bedeutet, dass er tagsüber auf Station ist und koordiniert, nachmittags ggf. jemanden auslöst, der noch im OP steht und die ganze Nacht durch Rufbereitschaft hat. Das hab ich als ziemlich stressig empfunden. Vor allem am Wochenende ist es nervig, weil man sich 24 h lang nicht wirklich von der Klinik entfernen kann. Aber wenn es genug PJler gibt, ist man zum Glück nicht so oft dran. Wenn man in der Nacht im OP stand, hat man am nächsten Tag frei.
Einmal die Woche gibt es eine Fortbildung von Oberärzten zu herz- oder gefäßchirurgischen Themen, die auch fast immer stattfindet. Ansonsten einmal die Woche Bedside Teaching durch Assistenzärzte, da muss man manchmal ein bisschen hinterher sein. Morgens nach der Besprechung gibt es auch immer kurze Vorträge durch die Ärzte.
Studientage gibts natürlich nicht, aber es stehen einem für 4 Monate Arbeit 7 Tage Urlaub zu. Wenn man darauf besteht, kann man die nehmen, ansonsten wird es lieber gesehen, wenn man sie sich auszahlen lässt.
Essen in der Klinik ist recht teuer, für ein normales Mittagessen zahlt man über 10 CHF, man kann sich aber auch Kleinigkeiten holen, dann ist es günstiger. Qualität ist im Vergleich zu meisten deutschen Kantinen gut, z.B. super Salatbüffet.
Großartig bei gutem Wetter ist das Panoramacafé auf dem Dach des Bettenhochhauses. Wenn man da auf der Terrasse mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau in den Liegestühlen chillt, fühlt man sich wie im Urlaub. Gelegenheit ist oft da, zumindest, wenn viele PJler da sind und man nicht jeden Tag im OP steht. Außerdem gibt es Wasser in den Restaurants kostenlos.
Sprache: Schweizerdeutsch ist erstmal wirklich gewöhnungsbedürftig, mit der Zeit versteht man es aber. Ansonsten geben sich die Leute auch Mühe, hochdeutsch zu reden.
Wohnen: Es gibt mehrere Personalhäuser, in die man sich einmieten kann. Die meisten PJler wohnen im PH5, das echt ok ist. Zimmer kostet ca. 370-380 CHF. Duschen und Toiletten zwar auf dem Flur, aber sehr sauber (werden jeden Tag geputzt) und auch immer frei. Auf jeder Etage eine Küche. Geschirr und Töpfe muss man theoretisch selber mitbringen, häufig lassen Leute aber auch was zurück. Zumindest ein Topf ist aber für den Anfang praktisch. Das PH 8 ist neuer und man hat ein eigenes Bad, ist aber auch deutlich teurer und weiter weg von der Klinik, lohnt sich nicht.
Freizeit: Bern ist ein schönes Städtchen und auch die Umgebung hat einiges zu bieten. Vom Rosengarten aus hat man einen schönen Blick auf die Altstadt, von der Bundesterrasse und der großen Schanze sieht man die Berge. Im Sommer unbedingt in der Aare schwimmen, ist ein großer Spaß!
Ansonsten kann man Ausflüge machen, z.B. nach Luzern, Zürich, Lausanne (alles schnell zu erreichen mit dem Zug), oder zum Wandern ins Berner Oberland.
Es gibt sehr viele PJler, so dass man schnell Leute kennenlernt, mit denen man was unternehmen kann.
Geld: Bekanntermaßen ist in der Schweiz alles sehr teuer im Vergleich zu Deutschland. Vor allem das Essen, aber auch Zugfahrten (bei längerem Aufenthalt und wenn man viele Ausflüge machen will, lohnt sich evtl. ein Halbtax, das ist eine Art Bahncard 50). Ansonsten gibt es auch Tageskarten für 47 CHF, die man aber länger im Voraus kaufen muss (http://www.bern.ch/leben_in_bern/freizeit/reisen/tageskarten). Lohnt sich aber, wenn man kein Halbtax hat.
Man bekommt ca. 880 CHF Nettolohn, womit man aber kaum über die Runden kommt, vor allem, wenn man ab und zu mal einen Ausflug machen will. 2011 konnte man sich mit Sitzwachen noch was dazuverdienen, was jetzt nicht mehr geht. Daher ist das Geld vor allem am Anfang knapp, man braucht also ein paar Reserven.
Fazit: Absolut zu empfehlen!
Bewerbung
Ich habe ein Jahr im Voraus per E-Mail eine Anfrage an Frau Zintel mit Lebenslauf, Scan von Personalausweis, Immatrikulationsbescheinigung und Physikumszeugnis geschickt und sofort eine Zusage bekommen. Bewerbung ist sicherlich auch kurzfristiger möglich.
